Anezka in Frankreich - Reisetagebuch Teil 2

Der zweite Monat meines Auslandsjahres ist um und wie versprochen, berichte ich euch jetzt über meine Erlebnisse der letzten vier Wochen.

Zuerst möchte ich erwähnen, dass die Schule definitiv stressiger geworden ist. Wir schreiben jeden Freitag eine große „devoir surveille“ (vgl. mit Klausuren), haben mehrere kleine Evaluationen die Woche, müssen Hausaufgaben zum Benoten abgeben und gut im Unterricht mitarbeiten, da praktische Arbeiten im Unterricht auch bewertet werden. Ich finde es gut, dass hier so viele Noten gemacht werden, da man dadurch im Prinzip gezwungen ist, kontinuierlich mitzuarbeiten und somit vor den DS nicht alles auf einmal lernen muss. Allerdings ist mir aufgefallen, dass an meiner Schule sehr streng benotet wird. Es gibt keine Noten von 1 bis 6 wie bei uns, sondern es wird eine 20-Punkte-Notenskala verwendet, wobei 20 die Höchstpunktzahl und 0 die niedrigste Punktzahl ist. Bei 15 von 20 Punkten ist man hier schon einer der Klassenbesten und es ist sehr schwer 20 von 20 zu erreichen.

Jedoch soll das, so wie es mir meine Gastmutter erklärt hat, in Frankreich nicht die Regel, also nur auf meiner Schule so sein. Ich persönlich versuche in der Schule gut mitzuarbeiten, gleichzeitig aber genieße ich die Freizeit mit meiner Gastfamilie, Freunden und den neuen Hobbys. So komme ich auch beim Sprachenlernen weiter, was sehr wichtig für mich ist.

Übrigens bin ich auch endlich einem Schwimmverein beigetreten. Wegen Corona verlief die Anmeldung etwas länger und komplizierter, da in den Schwimmbädern nur eine gewisse Anzahl von Personen schwimmen darf. Nach einem Monat Wartezeit und einem Probetraining wurde ich angenommen und habe jetzt immer Samstag Training im Schwimmbad und Mittwoch Training am Strand. Wenn alles gut geht, werde ich bald zum BNSSA (brevet national de sécurité et de sauvetage aquatique) wechseln, um im Sommer die Prüfung zur Rettungsschwimmerin zu absolvieren. Aber wie ihr wahrscheinlich bereits wisst, kam es auch bei uns wegen Corona zu einer Art erneutem Lockdown und ich weiß nicht, wann oder ob ich wieder Training haben werde. Die neuen Einschränkungen sind sehr ähnlich wie die in Deutschland. Wir dürfen nur noch zur Schule, zum Arzt oder zum Einkaufen rausgehen. Zum Spazieren oder Joggen darf man sich im Umkreis von einem Kilometer von seinem Haus bewegen. Was ich aber aus Deutschland nicht kenne ist, dass man immer, wenn man das Haus verlässt, eine Attestation mitnehmen muss, wo erklärt wird, warum man sich draußen aufhält.

Auch wegen der sich immer mehr häufenden und tragischen terroristischen Anschlägen, hat meine Schule neue Maßnahmen eingeführt. Die Zäune wurden verbarrikadiert und es wacht nun fürs Erste den ganzen Schultag eine Gruppe von Polizisten vor dem Eingang. Ich glaube nicht, dass an allen Schulen in Frankreich so gehandelt wurde. Jedoch fühlt sich meine Schule, die katholisch ist und eine Kirche nebenan besitzt, als mögliche Zielscheibe und möchte kein Risiko eingehen und den Schülern ein Gefühl von Sicherheit geben.

Die letzten zwei Wochen hatte ich Herbstferien. Ich bin wirklich froh, dass der Lockdown erst am Ende der Ferien eingeführt wurde, sodass ich noch mit meiner Gastfamilie reisen und vieles mit Freunden unternehmen konnte. Für die Ferien hatten wir eine Reise in die Hautes-Pyrénées und einen Aufenthalt an der Côte d'Azur geplant. Der erste Plan ist aufgegangen, die Tage in Loudenvielle waren sehr schön. Wir hatten Glück mit dem Wetter, sind vormittags meistens gewandert und haben die Nachmittage in einem Spa verbracht.

Leider wurde die Corona-Situation immer schlimmer, sodass wir uns dazu entschlossen haben, in der zweiten Woche nicht die Französische Riviera zu besuchen. Stattdessen sind wir noch mal für vier Tage in die am nächsten liegenden Berge gefahren. Wir blieben im Département Pyrénées-Orientales, was landschaftlich wunderschön ist und wir haben sehr viel erlebt. Unter anderem haben wir eine Nacht in einer Hütte ohne Strom und fließendem Wasser verbracht. Sie lag in einem Resort mit über 40 Schlittenhunden und nachts, als die Hunde gejault haben, hat man sich wirklich wie in der freien Wildnis gefühlt. Sonst sind wir auch dort viel gewandert und haben einige kleine Städte besucht.

Im Gegensatz zu den Pyrenäen wird es hier an der Küste noch ziemlich warm und sonnig, sodass wir die Tage, wo wir zu Hause waren, meistens auch draußen, am Strand, verbracht haben.

Ich bin gespannt, wie die nächsten Wochen bzw. Monate mit der Ausgangssperre verlaufen werden und berichte euch in einem Monat wieder, wie sich die Situation entwickelt hat.

Bis bald!

Bei Fragen gerne hier schreiben:

 

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